Juli 2012 - Ausgabe 139
Legenden der 60er
Mühlenhaupt und die heilenden Bilder von Alf Trenk |
Foto: Alf Trenk
»Das ist doch kein Stil!«, sagte mein Meister. »Nein«, sagte ich, »das ist ganz anders. Ein neuer Stil ist erkennbar, wenn er auch den Menschen verändert. Ich möchte, daß ein neuer Mensch entsteht, in dem die große Liebe untereinander in den Vordergrund rückt.« Kurz darauf verlässt er die Kunsthochschule und fällt in eine schwere Nervenkrise. Einige Jahre lang verdient er sein Brot als Schalenbimmler, Leierkastenmann und Händler mit altem Trödel. Der bringt soviel ein, dass es zum Erwerb eines kleinen Werkstatthauses reicht. Die Kreuzberger Künstler machen es rasch zur Stätte ihrer Diskussionen, Feste und Trinkgelage. Als ihm das zuviel wird, verlegt er das Treiben in eine ramponierte Arbeiterkneipe, den »Leierkasten«. Die früheren Gäste aber, die Fabrikarbeiter, zu denen er Kontakt sucht, bleiben aus. Nach abstrakten Malversuchen aus Protest gegen den Nazi-Realismus besinnt er sich wieder auf sein humanistisches Ziel und malt - Kunst hin, Kunst her - so, »dass die Leute was mit anfangen konnten«. Erste Erfolge stellen sich ein: Befreundete Ärzte verschreiben depressiven Patienten ein kleines Mühlenhaupt-Bild - einzulösen für je 7,39 Mark beim Maler. Wer die Therapie befolgte, besitzt heute ein kleines Vermögen. • |